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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 31.05.2002
Aktenzeichen: 5 U 37/01
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 15 Abs. 2
MarkenG § 15 Abs. 4
MarkenG § 5 Abs. 1
MarkenG § 5 Abs. 3
1. Ein Buch und eine auf die Titelseite einer Zeitschrift (hier: "Focus") aufgeklebte, aber zur abgetrennten Verwendung vorgesehene Broschüre (hier: ein "Tarif-Heftchen") sind für die Beurteilung des Titelschutzes derselben Werkkategorie "Buch" zuzuordnen.

2. Der Titel "Das Telefon-Sparbuch" für ein schmales Tarif-Heftchen ist mit dem Sachbuchtitel "Das Telefon Sparbuch" auch dann unmittelbar verwechslungsfähig, wenn beide Werke sich mit unterschiedlichen Aspekten des liberalisierten Telekommunikationsmarktes beschäftigen und aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes deutlich voneinander abweichen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

5 U 37/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 31.05.02

nach der am 24.04.2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12.04.2000 unter Abweisung der Klage im übrigen wie folgt abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre, zu vollziehen an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnungen

Das Telefon-Sparbuch

und/oder

Das neue Telefon-Sparbuch

und/oder

Das frische Telefon-Sparbuch

für Druckwerke zu benutzen, in denen über das Tarifsystem und die Gebühren der verschiedenen Telefongesellschaften berichtet wird, insbesondere wenn ein solches Druckwerk in abtrennbarer Weise auf der Titelseite des durch die Beklagte verlegten Nachrichtenmagazins "Focus" wie nachstehend wiedergegeben befestigt und vertrieben wird:

2. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, a. in welchem Umfang sie ab 01.01.1999 die in Ziffer 1 genannten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Menge der hergestellten und/oder ausgelieferten Exemplare, aufgeschlüsselt nach Exemplaren, die gemeinsam mit der Zeitschrift "Focus" abgegeben wurden, und solchen, die getrennt abgegeben wurden, sowie b. in welcher Menge ab 01.01.1999 Exemplare der Zeitschrift "Focus", in denen keine Druckwerke nach Ziff. 1 der Klageanträge enthalten waren, im Vergleich zu den Exemplaren der Zeitschrift "Focus", in denen Druckwerke nach Ziff. 1. der Klageanträge enthalten waren, hergestellt und/oder ausgeliefert wurden.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch die in Ziffer 1 genannten Handlungen entstanden ist und zukünftig noch entsteht.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 6.000.- abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Kläger bleibt nachgelassen, eine von ihm zu stellende Sicherheitsleistung durch eine selbstschuldnerische, unbedingte, unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaftserklärung einer deutschen Großbank zu erbringen.

Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen, soweit der Senat der Klage stattgegeben hat.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf € 33.233,97 (entspricht erstinstanzlich festgesetzten DM 65.000.-) festgesetzt. Hiervon entfallen € 26.587,18 auf den Unterlassungsantrag sowie jeweils € 3.323,39 auf die Auskunftsund Schadensersatzfeststellungsanträge.

Tatbestand:

Der Kläger ist Autor des im Jahr 1998 in der Reihe "GeschäftsWelt Handbuch" im Deutschen Sparkassen-Verlag (im Folgenden: DSV) erschienenen Buchs "Das Telefon Sparbuch" (Anlage ASt 33 in dem Rechtsstreit 315 O 200/99, Anlagen K5, B1 und B2). Dieses - mit "Dienste, Netze, Chancen in der neuen Telekommunikations-Welt" unterbetitelte - Buchprojekt ist von der Editor Network Medien GmbH (im Folgenden: EMG) für den DSV vorbereitet und realisiert worden (Anlagen K1, K3 bis K4, K36). Das Buch wurde nach seinem Erscheinen in verschiedenen Presseorganen vorgestellt bzw. besprochen (Anlagen K8 bis K29).

Die Beklagte ist Verlegerin des bundesweit vertriebenen Nachrichtenmagazins "Focus". Erstmalig in Heft 2/99 gab die Beklagte ihrem Magazin ein auf der Titelseite aufgeklebtes Heftchen mit dem Titel "Das Telefon-Sparbuch" bei (Anlage ASt6 in dem Rechtsstreit 315 O 200/99). Dieses leicht abziehbare "Supplement" zur Zeitung beinhaltete - wie der Untertitel andeutet - "Die neuen Tarife im Vergleich" und war dafür gedacht, von dem Leser von der Zeitschrift getrennt zu werden, um beim Telefonieren eine übersichtliche Information über die Telefon-Tarife der unterschiedlichen Anbieter bei der Hand zu haben ("statt Zettelwirtschaft bei Focus-Lesern künftig neben dem Hörer liegt"). Die Beklagte bot weiterhin die Möglichkeit an, "Das Telefon-Sparbuch" gegen Einsendung eines frankierten Rückumschlages auch unabhängig von ihrem Nachrichtenmagazin bei ihr zu bestellen. Die Broschüre trägt neben der Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" auf der Vorderseite das dem Nachrichtenmagazin entsprechende "Focus"-Logo.

Dieses Verhalten beanstandete der Kläger als rechtswidrige Verletzung seiner Titelrechte. Nachdem die Beklagte - im Gegensatz zu ihrer vorprozessualen Absichtserklärung vom 14.01.99 (Anlage K7) - Heft 11/99 erneut mit einer gleichartigen, diesmal "Das neue Telefon-Sparbuch - Ausgabe März 1999" betitelten Broschüre versehen hatte (Anlage ASt8 in dem Rechtsstreit 315 O 200/99), erwirkte der Kläger am 03.07.1999 bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht (3 W 86/99) eine von dem Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 26.04.99 (315 O 200/99) zunächst zurückgewiesene einstweilige Verbotsverfügung gegen die Verwendung in Heft 11/99. Bereits zuvor hatte die Beklagte ihrem Heft 23/99 erneut eine gleichartige Broschüre beigegeben, die als "Das frische Telefon-Sparbuch" bezeichnet war und neben dem "Focus" Logo die Zusätze "Ausgabe Juni 1999" und "Die aktuellen Tarife" enthielt (Anlage ASt6 in dem Rechtsstreit 315 O 526/99). Auch hiergegen wendete sich der Kläger erfolgreich mit einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 20.07.1999 in dem Rechtsstreit 315 O 526/99. Ihrem Heft 20/00 hat die Beklagte erneut eine aufgeklebte Beilage wieder unter der ursprünglichen Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" beigefügt (Anlage K35).

Der Kläger hat vorgetragen,

die Beklagte habe mehrfach und nachhaltig in seine Rechte an dem Werktitel "Das Telefon-Sparbuch" eingegriffen. Er selbst habe diese originelle und deshalb schutzfähige Bezeichnung von hoher Kennzeichnungskraft erfunden und sei demgemäß Inhaber der Titelrechte. Diese habe er jedenfalls hinsichtlich der in diesem Rechtsstreit maßgeblichen Unterlassungsansprüche auch nicht im Rahmen des Buchprojekts auf den DSV übertragen. Hierfür habe auch keine sachliche Veranlassung bestanden. Ohnehin seien ausdrückliche schriftliche Vereinbarungen in diesem Zusammenhang nicht getroffen worden.

Der von der Beklagten für ihre Broschüre verwendete Titel sei mit demjenigen seines Werks unmittelbar verwechslungsfähig. Hieran änderten auch Zusätze wie "neu" oder "frisch" nichts. Diese würden vom Verkehr nur als Hinweise auf Aktualisierungen des titelmäßig - und zwar für ein Einzeldruckwerk und nicht für eine Zeitschrift - verwendeten Begriffs "Das Telefon-Sparbuch" verstanden. Zwischen den unter den verwechslungsfähigen Bezeichnungen herausgegebenen Werken bestünden auch eindeutige thematische Überschneidungen. Beide beschäftigten sich mit Einsparmöglichkeiten im Telefonbereich nach Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes. Es sei in diesem Zusammenhang ohne ausschlaggebende Bedeutung, dass er in seinem Buch keine detaillierten Tarifvergleiche vornehme. Zumindest müssten diejenigen Verkehrskreise, die sein - mit einer gewissen Bekanntheit ausgestattetes - Werk kennen, davon ausgehen, dass er, der Kläger, dieses Werk nunmehr in aktualisierter Form über die Beklagte fortführe. An dieser Verwechslungsgefahr könne auch die Hinzufügung des "Focus"-Titels bzw. -Logos nichts ändern, denn der Verkehr beachte diesen Zusatz jedenfalls nicht als Teil der Werkbezeichnung.

Da sowohl sein Buch als auch die auf das Magazin der Beklagten aufgeklebte Broschüre dazu gedacht seien, als Werk jeweils einzeln Verwendung zu finden, seien die von der Rechtsprechung zur Titelschutzfähigkeit bei Zeitschriften entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnungen

Das Telefon-Sparbuch

und/oder

Das neue Telefon-Sparbuch

und/oder

Das frische Telefon-Sparbuch

für Druckwerke zu benutzen, in denen über das Tarifsystem und die Gebühren der verschiedenen Telefongesellschaften berichtet wird, insbesondere wenn ein solches Druckwerk in abtrennbarer Weise auf der Titelseite des durch die Beklagte verlegten Nachrichtenmagazins "Focus" wie nachstehend wiedergegeben befestigt und vertrieben wird:

[hier sind im Antrag die aus dem Tenor ersichtlichen 3 Titelseiten eingeblendet]

2. die Beklagte zu verurteilen, darüber Auskunft zu erteilen,

a. in welchem Umfang sie ab 01.01.1999 die in Ziffer 1 genannten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Menge der hergestellten und/oder ausgelieferten Exemplare, aufgeschlüsselt nach Exemplaren, die gemeinsam mit der Zeitschrift "Focus" abgegeben wurden, und solchen, die getrennt abgegeben wurden, weiterhin unter Angabe der Gesamtumsätze, sämtlicher Kostenfaktoren und des Gewinns sowie weiterhin unter Angabe der betriebenen Werbung, einschließlich der Art der Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und -gebiet sowie

b. in welcher Menge ab 01.01.1999 Exemplare der Zeitschrift "Focus", in denen keine Druckwerke nach Ziff. 1 der Klageanträge enthalten waren, im Vergleich zu den Exemplaren der Zeitschrift "Focus", in denen Druckwerke nach Ziff. 1. der Klageanträge enthalten waren, hergestellt und/oder ausgeliefert wurden unter Angabe der Gesamtumsätze, sämtlicher Kostenfaktoren und des Gewinns.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch die in Ziffer 1 genannten Handlungen entstanden ist und zukünftig noch entsteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation des Klägers bestritten und sich u.a. im Hinblick auf ein an sie gerichtetes Schreiben des DSV vom 15.01.1999 (Anlage B3) auf den Standpunkt gestellt, die von dem Kläger im vorliegenden Rechtstreit geltend gemachten Titelrechte lägen aufgrund der rechtsgeschäftlichen Übertragung umfassender Nutzungs- und Verwertungsrechte im Zusammenhang mit dem Buchprojekt "Das Telefon-Sparbuch" bei dem Deutschen Sparkassenverlag. Ohnehin habe der Kläger diesen Titel auch nicht geschaffen.

Sie hat weiterhin vorgetragen,

bei der Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" handele es sich um eine rein beschreibende Angabe ohne besondere Originalität, die sich aus eindeutig sinnbesetzten Worten der Umgangssprache zusammensetze. Deshalb sei die für eine Schutzfähigkeit erforderliche Kennzeichnungskraft noch nicht einmal auf der Grundlage der geringen Anforderung für den Werktitelschutz gegeben. Eine - und sei es auch nur "gewisse" - Bekanntheit habe dieser Titel ebenfalls nicht erlangt. Die von dem Kläger vorgelegten Belege seien hierfür irrelevant, zumal die verkaufte Auflage des Buches äußerst gering gewesen sei.

Eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Buch und einem Aufkleber auf einem Nachrichtenmagazin sei noch nicht einmal in mittelbarer Hinsicht gegeben. Bei dem "Supplement" handele es sich nicht um ein eigenständiges Werk, das auch nicht selbständig im Verkehr gehandelt werde. Zudem fehle es erkennbar an einer titelmäßigen Verwendung. Irgendwelche gedanklichen Verbindungen zwischen dem Buch des Klägers und dem auf dem Nachrichtenmagazin aufgeklebten Heftchen stelle der Verkehr nicht her. Letzteres werde - auch im Hinblick auf die Verwendung des "Focus"-Logos - ausschließlich dem bekannten, wenn nicht gar berühmten Nachrichtenmagazin (Anlage B5) zugeordnet. Ohnehin könne bei der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation auf der Grundlage der neueren BGH-Rechtsprechung nur eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in Betracht kommen, die aus den genannten Gründen aber ausscheide.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.04.2000 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Sachverhaltsdarstellung vor, das Landgericht sei in seiner Betrachtung zu Unrecht davon ausgegangen, dass es vorliegend um die Verwechslungsgefahr von Titeln periodisch erscheinender Werke gehe. Dies sei aber sowohl bei seinem Buch als auch bei der angegriffenen Broschüre der Beklagten selbst dann nicht der Fall, wenn beide inhaltlich auf eine Aktualisierung in gewissen Zeitabständen ausgelegt seien. Die Gemeinsamkeiten der angegriffenen Broschüre mit dem Nachrichtenmagazin der Beklagten erschöpfe sich in dem - teilweise - gemeinsamen Vertrieb. Die Broschüre werde von dem Verkehr auch als eigenständiges, zur selbständigen Verwendung vorgesehenes Werk angesehen, das dadurch seinem Werk unmittelbar gegenübertrete. Deshalb stehe die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im Vordergrund, da beide Werke helfen sollten, Telefonkosten zu senken. Sein Buch sei geradezu ein logischer Vorläufer einer Gegenüberstellung von Telefontarifen und für geplante Folgeauflagen hierfür auch angelegt gewesen. Durch die Verwendung der Bezeichnung durch die Beklagte im unmittelbaren Ähnlichkeitsbereich der Dienstleistungen sei sein origineller Werktitel "verbrannt" gewesen. Hieran habe auch das Hinzufügen des "Focus"-Logos nichts zu ändern vermocht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12.04.2000 abzuändern und nach den erstinstanzlich gestellten Klageanträgen zu erkennen

sowie

die Revision zuzulassen,

hilfsweise,

dem Kläger die Befugnis einzuräumen, gegen Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung abzuwenden und für die zu erbringende Sicherheitsleistung eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse stellen zu dürfen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

sowie

die Revision zuzulassen,

hilfsweise,

hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer 2. die zu erteilende Auskunft unter einen Wirtschaftsprüfervorbehalt zu stellen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt ergänzend aus, soweit der Kläger nunmehr erstmals auf die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung abstelle, verhelfe ihm dies ebenfalls nicht zum Erfolg. Die angegriffene Broschüre sei ein unselbständiger Bestandteil des Nachrichtenmagazins "Focus" und nicht separat im Buch- oder Zeitschriftenhandel zu erwerben gewesen. Es habe auch keinen eigenen Kaufpreis. Für die Frage der Verwechslungsgefahr sei es unerheblich, dass die Broschüre von der Zeitschrift abtrennbar sei. Die Voraussetzungen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr lägen schon deshalb nicht vor, weil es sich bei dem in geringer Auflage verlegten Buch des Klägers nicht um einen bekannten Titel handele. Schließlich hindere auch das stets deutlich sichtbar aufgedruckte "Focus"Logo eine Verwechslung mit dem Buchtitel des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist weitgehend auch begründet. Dem Kläger steht gem. §§ 15 Abs. 2, Abs. 4, 5 Abs. 1 und 3 MarkenG gegen die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf Verwendung des Titels "Das Telefon-Sparbuch" - einschließlich der geltend Abwandlungen - für die angegriffene Broschüre mit einem (aktualisierten) Vergleich von Telefonkosten zu. Der Auskunftsanspruch ergibt sich in dem zugesprochenen Umfang aus §§ 19 Abs. 1 MarkenG, 242 BGB, die Verpflichtung zur Feststellung der Schadensersatzpflicht aus § 15 Abs. 5 MarkenG. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht.

I.

Die Berufung ist zulässig. Der Kläger hat sein am 17.05.2000 eingelegtes Rechtsmittel gem. § 519 Abs. 1 und 2 ZPO innerhalb der hierfür gesetzten und bis zum 19.07.2000 verlängerten Frist begründet. Aus den eidesstattlichen Versicherungen des Fahrradkuriers M. D. vom 07.11.00 (Bl. 165) sowie der Rechtsanwaltsfachangestellten D. G. vom 01.12.00 (Bl. 169) ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass der - nicht mit einem Eingangsstempel versehene - Berufungsbegründungsschriftsatz vom 19.07.2000 (Bl. 112) am selben Tag zusammen mit der sperrigen Anlage K33 auf der Annahmestelle des Gerichts abgegeben worden ist. Die weitere Frage, ob dieser Schriftsatz tatsächlich - wie auf seiner ersten Seite angekündigt - vorab per Telefax an das Gericht gesandt worden ist, bedarf deshalb keiner weiteren Klärung.

II.

Die Klage ist weit überwiegend auch begründet.

Der Kläger kann als Inhaber der Titelschutzrechte an dem Werktitel seines Buchs "Das Telefon-Sparbuch" gem. §§ 15 Abs. 4, Abs. 2, 5 Abs. 3 MarkenG verlangen, dass es die Beklagte unterlässt, für u.a. auf der Titelseite ihrer Zeitschrift aufgeklebte Broschüren mit Vergleichen aktueller Telefontarife ebenfalls die Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" (einschließlich der streitgegenständlichen Abänderungen) zu verwenden.

1. Gegenstand des Unterlassungsantrags ist angesichts seines in zulässiger Weise verallgemeinerten Teils ausschließlich die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen für selbstständige, von der Zeitschrift "Focus" losgelöste bzw. bestimmungsgemäß ablösbare Druckschriften. Die Verwendung der Bezeichnung in anderem Zusammenhang, insbesondere im Inneren bzw. auf der Titelseite des Nachrichtenmagazins "Focus" selbst, ist von dem Antrag hingegen nicht mit umfasst. Insoweit bedarf der in dem Antrag verwendete Begriff "Druckwerke" (der auch Zeitschriften mit umfasst) im Lichte der Begründung der Klage einer einschränkenden Auslegung. Ein redaktioneller Bericht "über das Tarifsystem und die Gebühren der verschiedenen Telefongesellschaften" in der Zeitschrift "Focus" selbst unter dem Begriff "Das Telefon-Sparbuch" wäre demnach von dem gestellten Antrag nicht mit umfasst.

2. Der Kläger ist Inhaber der mit der Klage geltend gemachten Titelschutzrechte. Er ist aktivlegitimiert.

a. Der Kläger hat den Titel seines Buchwerks selbst "erfunden". Durch die Aufnahme der Benutzung des Werks sind hieran entsprechende Titelschutzrechte gem. § 15 Abs. 2 MarkenG zunächst zugunsten des Klägers als Autor zur Unterscheidung seines Werks von anderen Werken entstanden (vgl. Fezer, MarkenR, 2. Aufl., § 15 Rdn. 162). Soweit die Beklagte bestreitet, dass der Kläger Schöpfer des Werktitels sei, geschieht dies - sofern es hierauf in rechtlicher Hinsicht überhaupt ankommen sollte erkennbar ohne sachliche Grundlage ins Blaue hinein. Insbesondere im Hinblick auf die schriftlichen Ausführungen des U. P. vom 25.05.00 (Anlage K36), der ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger selbst den Titel gefunden hat, hätte es der Beklagten oblegen, ihre gegenteiligen Behauptungen näher zu konkretisieren.

b. Der Kläger hat den zu seinen Gunsten entstandenen Titelschutz auch nicht durch die Übertragung der Verlagsrechte seines Buchs "Das Telefon-Sparbuch" an den Deutschen Sparkassen-Verlag wieder verloren. Diese Rechte sind auch nicht durch Benutzungsaufnahme erstmalig für den DSV entstanden. Den behaupteten "Rechtsverlust" hat die Beklagte noch nicht einmal in Ansätzen schlüssig darlegen können, obwohl ihr dies oblegen hätte. Ein schriftlicher Vertrag über den Umfang der Befugnisse existiert zwischen dem Kläger und dem DSV unstreitig nicht, so dass sich etwaige Beschränkungen der Rechtsposition des Klägers nur aus mündlichen Abreden oder unmittelbar aus dem Gesetz ergeben können. Solche Absprachen sind entgegen der Darstellung der Beklagten aber ebenfalls nicht getroffen worden. Diese geht im Ansatz schon zu Unrecht davon aus, dass die mündlichen Vertragsverhandlungen unmittelbar zwischen dem Kläger und dem DSV stattgefunden hätten. Nur in diesem Fall könnten die von der Beklagten zum Beweis ihres Standpunkts als Zeugen benannten Mitarbeiter des Verlags überhaupt entscheidungsrelevante Aussagen machen. Demgegenüber hatte der Kläger stets betont, dass er sein Werk als Projekt für die EMG konzipiert habe, die ihrerseits die Veröffentlichungsreihe "GeschäftsWelt Handbuch" für den DSV betreut habe. Danach haben alle maßgeblichen Absprachen ausschließlich im Verhältnis des Klägers zur EMG stattgefunden, die auf dieser Grundlage sodann ihrerseits dem DSV - sei es als "Vermittler", sei es als "Vertreter" oder in sonstiger Rechtsposition - die für die verlegerische Tätigkeit erforderlichen Rechte an dem Buchwerk eingeräumt bzw. übertragen hat. Deshalb konnte der DSV keine weitergehende Rechtsposition erwerben, als der Kläger mit EMG vereinbart hatte. Was in diesem Verhältnis Gegenstand der vertraglichen Absprachen gewesen ist, ergibt sich detailliert aus der schriftlichen Stellungnahme von U.P. vom 25.05.00 (Anlage K36), der in dieser Sache auf Seiten von EMG praktisch der ausschließliche Ansprechpartner war. Aus diesem Schreiben ergibt sich nichts für die von der Beklagten behaupteten Rechtsbeschränkungen. Sofern sich die Beklagte hierauf weiterhin berufen wollte, hätte es ihr oblegen, zu dem Inhalt dieses Schreibens und dem dort geschilderten Geschehensablauf substantiiert Stellung zu beziehen und ihre gegenteilige Sachverhaltsschilderung ggfls. unter geeigneten Beweisantritt zu stellen. Die Benennung der Herren Kr., Ku. und Ko. vom DSV war insoweit untauglich. Auch die Äußerungen des DSV in dem Schreiben vom 15.01.99 bzw. der (c) - Vermerk im Inneren des Buches können ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Selbst mit der Bemerkung "Insofern ziehen wir uns auch nicht auf die Rechtsposition des Titelschutzes zurück" ist noch nicht einmal zum Ausdruck gebracht, ob sich der DSV insoweit eigener oder nur für den Autor wahrgenommener Rechte berühmen will.

Auch aus sonstigen Rechtsgründen folgt der behauptete Verlust der Aktivlegitimation des Klägers nicht. Aus dem auch im Verlagsrecht geltenden (vgl. Fromm/Nordemann-Hertin, UrhG, 9. Aufl., §§ 31/32, Rdn. 22) Grundsatz der Zweckübertragungslehre, der zu § 31 Abs. 5 UrhG entwickelt worden ist, folgt, dass Urheber- bzw. Verlagsrechte die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben. Sofern keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wird, ist eine stillschweigende Übertragung im Zweifel nur insoweit gewollt, wie sie zur Erfüllung des Vertragszwecks erforderlich ist. In der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung bedurfte es zur Erfüllung des Vertragszwecks des Verlagsvertrages in erster Linie der Übertragung positiver Nutzungsrechte auf den Verlag, um eine zweckentsprechende Veröffentlichung und Verbreitung des Buchs zu ermöglichen. Inwieweit hiermit zwangsläufig bzw. konkludent die Übertragung negativer Verbietungsrechte zur Abwehr von Titelrechtsverletzungen umfasst ist, mag schon im Ansatz zweifelhaft sein. In keinem Fall wäre eine solche Rechtsübertragung jedoch mit der Maßgabe zu unterstellen, dass der DSV exklusiv, und zwar unter Ausschluss des Klägers als Autor zur Verfolgung von Werktitelverletzungen befugt wäre. Eine derart weitgehende Bindung des Klägers wäre erkennbar weder interessengerecht noch zur vernünftigen Interessenwahrung des DSV erforderlich gewesen. Sie ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten weder unmittelbar noch aus dem Sinn und Zweck von § 8 VerlG. Auch die von der Beklagten insoweit zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH GRUR 1990, 218, 220 - Verschenktexte I) führt insoweit nicht weiter. Denn sie verhält sich gerade nicht zu der Frage, ob der Autor trotz Übertragung exklusiver Titelrechte an den Verlag weiterhin aus eigener Rechtsmacht (z.B. entsprechend dem "Mutterrecht" des Urhebers) neben bzw. anstelle des Verlags gegen rechtsverletzende Dritte vorzugehen befugt ist. Diese Frage ist nach Auffassung des Senats zu bejahen.

3. Durch die Verwendung der Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" für das auf das Nachrichtenmagazin "Focus" aufgeklebte Heftchen mit einem Vergleich von Telefontarifen (im Folgenden: "TarifHeftchen") greift die Beklagte entgegen §§ 15 Abs. 4, Abs. 2, 5 Abs. 3 MarkenG rechtswidrig in das Werktitelrecht des Klägers ein.

a. Der Werktitel "Das Telefon-Sparbuch" verfügt bereits von Haus aus über mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die Auffassung der Beklagten, die Kennzeichnungskraft sei gering oder gar nicht vorhanden, weil es sich nur um eine beschreibende Angabe handele, teilt der Senat nicht. Vielmehr ist der Titel "Das Telefon-Sparbuch" als Kunstwort trotz beschreibender Anteile durchaus originell. Zwar erkennt der Verkehr, dass es bei dem Buch irgendwie um das Sparen im Zusammenhang mit dem Telefon geht. Darin erschöpft sich die Aussage des Titels aber nicht. Schon die Übertragung der Bedeutung des Begriffs "Sparbuch" für ein Wertpapier (dessen fiktiver Inhalt einen Wert verkörpert) auf ein Buch, durch dessen tatsächliche Lektüre man sparen kann, wäre ohne weiteres geeignet, eine nicht nur geringe Kennzeichnungskraft zu begründen. Hinzu kommt noch ein weiteres Wortspiel, das die soeben beschriebene Bedeutung überlagert und dem Be-griff "Telefon-Sparbuch" einen zusätzlichen Reiz gibt. Der Verkehr kennt im Bereich der Telekommunikation üblicherweise ein "Telefonbuch". Dieser bekannte Begriff ist durch die Einfügung des Wortteils "Spar-" aufgetrennt und zu "Telefon - Spar- Buch" erweitert bzw. verfremdet worden. Dadurch wird der Begriff unter einem weiteren Aspekt mehrdeutig. Deshalb kommt ihm - trotz seiner beschreibenden Anteile - als Werktitel mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Die Auffassung der Beklagten, bei der Bezeichnung "Das TelefonSparbuch" handele es sich um eine schlicht beschreibende Angabe geht an dem Kern der Betrachtung vorbei.

b. Die Beklagte hat den Begriff "Das Telefon-Sparbuch" im Rahmen der angegriffenen Verwendung auch titelmäßig - und nicht nur etwa nach § 23 Nr. 2 MarkenG privilegiert rein beschreibend genutzt. Der Begriff "Das Telefon-Sparbuch" tritt dem Verkehr schon aufgrund seiner optischen Heraushebung als Titel des aufgeklebten Heftchens entgegen. Da das Heftchen zum Abtrennen und zur gesonderten Verwendung gedacht ist, erwartet der Verkehr zudem eine Bezeichnung, die seine eigenständige Benennung - unabhängig von dem Heft des Nachrichtenmagazins als Trägermedium - ermöglicht. Hierfür bietet ihm die Beklagte ausschließlich die griffige - und wie dargelegt originelle - Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" an. Alle anderen Bezeichnungsbestandteile sind als reine Sachbeschreibung ("Die aktuellen Tarife im Vergleich") oder allgemeiner Markenname ("Focus") zu einer Individualisierung gerade dieses konkreten Werks offensichtlich ungeeignet. Eine Individualisierungsfunktion erfüllt in diesem Zusammenhang allenfalls noch das Erscheinungsdatum ("Ausgabe März 1999"), dieses aber nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit dem Titel "Das Telefon-Sparbuch". Die Adjektive "neue" bzw. "frische" versteht der Verkehr insoweit lediglich als leichte Abwandlungen des Grundtitels für verschiedene Versionen, die in diesem Zusammenhang aber nicht titelmäßig in den Vordergrund treten.

c. Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen der Parteien sind ohne weiteres auch zeichenähnlich. Dies nimmt auch die Beklagte verständlicherweise nicht ernsthaft in Abrede. Die Werkbezeichnungen sind in der Wortfolge "Das Telefon-Sparbuch" unmittelbar identisch, und zwar sogar hinsichtlich des Bindestrichs, den auch das klägerische Werk (allerdings nicht auf der Titelseite) enthält. Die Adjektive "neue" und "frische" stellen sich - wie dargelegt - lediglich als nicht-prägende Zusätze dar, die erkennbar verschiedene Ausgaben voneinander unterscheiden sollen, ohne den kennzeichnungsstarken Titel selbst in den Hintergrund zu drängen. Auch die jeweiligen Untertitel der Werke beachtet der Verkehr nicht in einer Weise, die der Annahme einer Zeichenähnlichkeit entgegenstehen könnte. Gleiches gilt für das "Focus"-Logo, das zwar die Herkunft bzw. organisatorische Verbindung offen legt, nicht aber die Bezeichnung des Werks als solches prägt.

d. Zwischen den unter der Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" von dem Kläger und der Beklagten vertriebenen Werken als "Sachbuch" besteht Produkt- bzw. Branchenähnlichkeit. Beide Werke befassen sich mit bestimmten Aspekten des liberalisierten Telekommunikationsmarktes. Dabei ist das über 300 Seiten starke klägerische Werk erkennbar ungleich weiter und grundsätzlicher gefasst als das "dünne" Tarif-Heftchen der Beklagten, so dass sich eine Übereinstimmung bzw. Überschneidung schon auf den ersten Blick nur auf schmale Teilaspekte beziehen kann. Insoweit liegt eine Produktähnlichkeit aber nicht nur in Ansehung des allgemeinen Oberbegriffs "Telekommunikationsmarkt", sondern konkret auch hinsichtlich des Aspekts der "Telefonkosten" schon in dieser ersten Auflage ohne weiteres vor. Zwar enthält das klägerische Werk nicht wie das Tarif-Heftchen der Beklagten konkrete Preisvergleichsgegenüberstellungen nach Anbieter, Hauptbzw. Nebenzeit sowie Minutenpreisen. Auch das Werk des Klägers beschäftigt sich aber an verschiedenen Stellen (z.B. auf Seiten 45 bis 58 sowie 60 ff) eingehend und konkret mit Kostenfragen der Telekommunikation im Vergleich zwischen dem ehemaligen Monopolisten DTAG und zahlreichen privaten Anbietern. Damit sprechen beide Werke zumindest in Teilbereichen identische Verbrauchergruppen an und liegen damit mit ihrem Angebot im Ähnlichkeitsbereich.

e. Angesichts dieser Übereinstimmungen besteht zwischen den Werktiteln eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, denn sowohl das klägerische Buch als auch das von der Beklagten unter einem zeichenähnlichen Titel herausgegebene "Tarif-Heftchen" sind derselben Werkkategorie zuzuordnen. Es stehen sich im vorliegenden Fall - jedenfalls juristisch betrachtet - zwei Bücher gegenüber. Entgegen der Auffassung des Landgerichts geht es nicht um eine Kollision eines Buchtitels mit einem Zeitschriftentitel.

aa.In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen nur der Unterscheidung eines Werks von einem anderen dienen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werks und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten (BGHZ 26, 52, 60 - Sherlock Holmes; BGHZ 83, 52, 54 - POINT; BGHZ 102, 88, 91 - Apropos Film; BGHZ 120, 228, 230 - Guldenburg). Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH MarkenR 99, 25, 27 - Wheels Magazine). Es ist ebenfalls anerkannt, dass der Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen - beispielsweise bei bekannten Titeln regelmäßig erscheinender periodischer Druckwerke - mit einem Werktitel gleichzeitig die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbinden kann (BGH MarkenR 99, 25, 27 - Wheels Magazine; BGH GRUR 74, 661, 662 - St. Pauli-Nachrichten; BGHZ 102, 88, 91 - Apropos Film; BGHZ 120, 228, 230 - Guldenburg). Denn die Bekanntheit eines solchen Titels und das regelmäßige Erscheinen im selben Verlag legen die Schlussfolgerung nahe, dass er im Verkehr jedenfalls teilweise auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden wird (BGH GRUR 00, 70, 73 - SZENE). Eines Rückgriffs auf diese gesteigerten - und im Ergebnis hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen des Werktitelschutzes bedarf es zur Entscheidung des vorliegenden Falls aber nicht. Denn bereits der klägerische Antrag - in der oben unter II.1. beschriebenen Beschränkung - richtet sich ausschließlich gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung zweier konkreter Druckwerke.

bb.Betrachtungsgegenstand der Verwechslungsprüfung hat dabei ausschließlich das auf die Titelseite des Nachrichtenmagazins "Focus" aufgeklebte Tarif-Heftchen als solches, nicht jedoch die Zeitschrift "Focus" selbst zu sein. Denn dieses Tarif-Heftchen ist unstreitig nicht nur geeignet, sondern sogar ausdrücklich dazu vorgesehen, von der Zeitschrift getrennt und separat verwendet (neben den Telefonapparat gelegt) zu werden. Selbst wenn auf der Titelseite bzw. im Inneren des Nachrichtenmagazins "Focus" auf das Tarif-Heftchen inhaltlich Bezug genommen wird, wird die Broschüre weder hierdurch noch durch die "Klebeverbindung" titelschutzrechtlich zum Bestandteil der Zeitschrift. Diese stellt sich lediglich als beliebig austauschbares "Trägermedium" dar, mit dem das Tarif-Heftchen zum Kunden transportiert werden soll. Der Umstand, dass es gegen Erstattung der Portokosten auch telefonisch separat angefordert werden kann, verdeutlicht weiter, dass die körperliche Verbindung mit dem Nachrichtenmagazin eher beliebig ist und die titelschutzrechtliche Betrachtung nicht maßgeblich bestimmen kann. Denn das Tarif-Heftchen hätte als attraktive Zugabe z.B. auch auf dem - eindeutig nicht titelschutzfähigen - Kaffeepaket eines Kaffeerösters aufgeklebt sein können, um hierdurch seinen Weg zum Kunden finden, ohne dass sich für die rechtliche Beurteilung einer Verletzung der Rechte des Klägers etwas ändert. Die Verwendung von Zeitschriften als "Trägermedium" für unterschiedliche "Zugaben" ist auch ansonsten weit verbreitet. Dies vermag der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde zu beurteilen. So ist es etwa weithin üblich, Computer-Zeitschriften CD-ROMs mit Software-Programmen als Zugabe beizufügen. Auch diese Datenträger sind dazu bestimmt, von der Zeitschrift getrennt und eigenständig verwendet zu werden. Deshalb stellen diese - wie das vorliegende Tarif-Heftchen - in Ansehnung der zu ihrer Kennzeichnung verwendeten Bezeichnung ebenfalls ein eigenständiges "Werk" dar, bei dem die Verbindung mit der Zeitschrift nur vorübergehender Natur und eher beliebig ist. Soweit das Landgericht auf die Fähigkeit des Verkehrs abstellt, zwischen einem Buch und einer Zeitschrift zu unterscheiden, verkürzt es die rechtliche Betrachtung.

cc.Sowohl das Sachbuch des Klägers als auch das von der Beklagten herausgegebene Tarif-Heftchen sind derselben Werkkategorie "Buch" zuzuordnen. Zwar unterscheidet sich das Tarif-Heftchen in Format, Material, Umfang und sonstiger Aufmachung deutlich von dem Werk des Klägers, bei dem es sich um ein "klassisches", broschiertes Sachbuch handelt. Für die rechtliche Betrachtung ist jedoch nicht auf die - gerade bei Büchern auch ansonsten überaus vielfältige - äußere Erscheinungsform, sondern auf das übereinstimmende Charakteristikum der Werkkategorie abzustellen. In beiden Fällen handelt es sich um ein "Schriftstück" mit einem konkreten, nicht periodisch veränderbaren Inhalt, welches in der Wahrnehmung des Verkehrs - trotz der unverkennbaren Unterschiede und sicherlich auf unterschiedlichem Anspruchsniveau - in gleicher Weise als individuelles gedrucktes Sprachwerk aufgefasst und im Unterschied zu einer Zeitung/Zeitschrift über seinen konkreten Inhalt identifiziert wird. Der Senat hält es in titelschutzrechtlicher Hinsicht weder für geboten noch für praktikabel, im Rahmen der Werkkategorie weiter nach den unterschiedlichen Erscheinungsformen der nicht-periodisch erscheinenden gedruckter Sprachwerke zu differenzieren. Vielmehr erscheint insoweit eine Abgrenzung zu Zeitschriften und sonstigen Periodika für die Erzielung sachgerechter Ergebnisse ausreichend.

dd.Schließlich besteht auch die konkrete Gefahr, dass nicht unerhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise das Buch des Klägers mit dem unter demselben Werktitel erschienenen TarifHeftchen unmittelbar verwechseln.

aaa. Allerdings sind die erheblichen Unterschiede zwischen den beiden Werken schon in ihrem äußeren Erscheinungsbild für jedermann auf den ersten Blick zu erkennen, so dass ein potenzieller Käufer, der das Buch des Klägers kennt bzw. sich hierfür interessiert, nicht im Zweifel darüber sein kann, dass das Tarif-Heftchen der Beklagten hiermit nicht identisch ist. Dies schließt eine unmittelbare Verwechslungsgefahr jedoch nicht aus. Trotz eines deutlich abweichenden äußeren Erscheinungsbildes kann der Verkehr ohne weiteres zu der Annahme gelangen, er habe das nämliche Werk vor sich. Denn der Titel bezeichnet in erster Linie ein Sprachwerk in inhaltlicher, nicht jedoch in gestalterischer Hinsicht. Da sich heutzutage ein und dasselbe Werk dem Verkehr z.B. als gebundene Ausgabe, als Taschenbuch, als Buchclub-Sonderausgabe, als Kinderbuch usw. trotz identischen Inhalts in deutlich abweichender äußerer Form präsentieren kann, ist dieses Kriterium für die Frage einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr nicht hinreichend aussagekräftig.

bbb. Auch der Zusatz einer bekannten Marke - wie hier das "Focus"-Logo - vermag aus dieser Verwechslungsgefahr nicht herauszuführen, denn der Verkehr ist daran gewöhnt, dass diverse Produkte, auch Bücher und hierbei gerade Fachbücher, in Kooperation mit namhaften Markenartikelherstellern oder Unternehmen der Medienbranche (wie Fernsehsendern, Zeitschriftenverlagen usw.) auf den Markt gebracht werden und zusätzlich - wie z.B. bei einem Buch zur Fernsehserie - deren Namen tragen.

ccc. Schließlich wird die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das TarifHeftchen der Beklagten schon wegen seines Umfangs unmöglich mit dem Buch des Klägers identisch sein kann. Dies bemerkt der Verkehr, der das klägerische Buch kennt und auf das "Supplement" der Beklagten stößt, zwar auf den ersten Blick. Auch dieser Umstand vermag jedoch die Gefahr eines Irrtums bei der Unterscheidung der Werke voneinander nicht auszuschließen. Denn der Verkehr ist heutzutage - dies kann der Senat ebenfalls aus eigener Sachkunde beurteilen - daran gewöhnt, dass ihm gerade auf bzw. in Zeitschriften als Zugabe bzw. Kaufanreiz "abgespeckte" Sonderausgaben, Auszüge bzw. andere Kurzformen von Sprachwerken, Musikstücken, Software-Programmen usw. angeboten werden, die daneben auch "Appetit" auf das Original machen und den Kaufinteressenten zu dessen Erwerb veranlassen sollen. Dabei entspricht diese Art der Werbung gleichermaßen den geschäftlichen Interessen des Zeitschriftenverlegers sowie des Herausgebers des Originalwerks, denn letzteres wird einem großen Personenkreis bekannt gemacht, während die Zeitschrift durch eine - zumal wie vorliegend auf der ersten Seite "blickfangmäßig" - herausgestellte Zugabe einen besonderen Kaufanreiz bietet. Vor diesem Hintergrund besteht im vorliegenden Fall die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass Personenkreise, die von dem Buch des Klägers gehört haben und sich für dessen Erwerb interessieren, im Hinblick auf den identischen Werktitel der Fehlvorstellung erliegen, sie erhielten mit den angegriffenen "Focus"-Heften einen Auszug des nämlichen Werkes, und gerade deshalb das Nachrichtenmagazin kaufen bzw. das Tarif-Heftchen telefonisch bestellen. Zu einer solchen Fehleinschätzung trägt auch die sachlich unzutreffende Bezeichnung des Heftchens als gerade "Telefon-Sparbuch" bei. Diese Gefahr rechtfertigt nach Auffassung des Senats den mit der Klage verfolgten Unterlassungsanspruch.

ddd. Aufgrund der genannten Umstände ist es für die rechtliche Beurteilung demgegenüber unerheblich, dass sich das Buch des Klägers und das Tarif-Heftchen am sog. "point of sale" nicht als eigenständige Werke begegnen, da das Tarif-Heftchen nicht gegen ein gesondertes Verkaufsentgelt abgegeben wird. Denn dies ist bei allen zum selbständigen Gebrauch vorgesehenen "Zugaben" bzw. "Lockmitteln" der Fall, ohne dass dies die Gefahr einer Verwechslung ausschließen kann. Auch der Umstand, dass auf dem Tarif-Heftchen der Autor nicht genannt ist, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts. Gerade dann, wenn ein Werkauszug in Kooperation mit einem namhaften Unternehmen vertrieben und mit dessen Logo (wie hier dem "Focus"-Logo) versehen ist, werden nicht unerhebliche Teile des Verkehrs zu der unzutreffenden Annahme geleitet, dass diese "Sonderausgabe" aufgrund der Zusammenarbeit bewusst ausschließlich unter der "Flagge" des Kooperationspartners erscheint, so dass das Fehlen des Namens des Werkautors auf der Titelseite kein Misstrauen weckt.

eee. Bei dieser Sachlage kommt es auf die Frage, ob der Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen - beispielsweise bei bekannten Titeln regelmäßig erscheinender periodischer Druckwerke - mit einem Werktitel gleichzeitig die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.

III.

1. Der Kläger kann zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs weiterhin von der Beklagten gem. § 19 Abs. 1 MarkenG Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung nach Maßgabe des Urteilstenors verlangen. Der darüber hinausgehende Auskunftsanspruch ist hingegen unbegründet.

a. Der Auskunftsanspruch ergibt sich in seinem begründeten Umfang aus § 19 Abs. 2 MarkenG. Der Kläger ist zur Berechnung seiner Ersatzforderung darauf angewiesen zu erfahren, in welchem Umfang die Beklagte die streitgegenständlichen Focus-Hefte und die Tarif-Heftchen separat vertrieben hat. Nur auf diese Rechtsgrundlage stützt der Kläger auch seinen Auskunftsanspruch.

b. Ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch, der nur in § 242 BGB seine Grundlage finden könnte, steht dem Kläger hingegen nicht zu. Der Kläger hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen er für die Berechnung seines Schadensersatzanspruchs darauf angewiesen ist, dass die Beklagte ihre gesamte Gewinnkalkulation, sämtliche Kostenfaktoren sowie die betriebenen Werbemaßnahmen offen legt. Eine Auskunftspflicht in diesem Umfang, die sich zudem auf sensible interne Unternehmensdaten über einen Zeitraum von 3 1/2 Jahren bezieht, bedarf einer besonderen Begründung, die der Kläger nicht dargetan hat. Sein Schadensersatzanspruch ist in erster Linie auf die Berechnungsgrundlage einer Lizenzanalogie gerichtet. Es sind keine hinreichend tragfähigen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass bzw. in welcher Weise der Kläger nach Auswertung der verlangten Gewinn- und Kostenfaktoren in der Lage sein wird, einen konkreten Verletzergewinn zu berechnen und herauszuverlangen. Es dürfte schon kein gesicherter Erfahrungssatz dafür sprechen, dass bzw. in welchem Umfang z.B. etwaige Mehrumsätze bei dem Vertrieb einzelner "Focus"-Hefte nicht nur auf der Zugabe des Tarif-Heftchens als solchem, sondern gerade auf der Werktitelverletzung beruhen. Deshalb hätte es in diesem Zusammenhang zur Begründung des weitergehenden Auskunftsanspruchs ergänzender Darlegungen des Klägers bedurft, die fehlen.

2. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten ergibt sich aus § 15 Abs. 5 MarkenG. Der Beklagten fällt im Hinblick auf eine möglicherweise unzutreffende Beurteilung der Kollisionslage mit dem Buchtitel des Klägers mindestens Fahrlässigkeit zur Last. Gleiches gilt, falls der Beklagte die Existenz des klägerischen Titels unbekannt geblieben sein sollte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Beklagte hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Soweit die Klage hinsichtlich des weitergehenden Auskunftsantrags abgewiesen worden ist, war die Zuvielforderung angesichts der Streitwertanteile verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst.

Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung durch das Revisionsgericht erfordert. Soweit ersichtlich, hat sich der Bundesgerichtshof bislang in seinen veröffentlichten Entscheidungen noch nicht mit der Frage einer Werktitelverletzung im Verhältnis eines Buchs zu Sonderformen gedruckter Sprachwerke, die nicht-periodisch erscheinen, zu beschäftigen gehabt. Der Senat hält angesichts der hiermit verbundenen Abgrenzungsfragen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten für angebracht.

Ende der Entscheidung

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